Race to World First: Echo steht in den Startlöchern

Die besten WoW-Spieler der Welt gastieren zurzeit in Bern. Dabei nehmen sie die ganze Erupt Lounge ein und hoffen auf einen weiteren Sieg.

Die Erupt Lounge in Bern ist dieser Tage nicht wiederzuerkennen. Die ansonsten zu gemütlichen Gaming-Ecken angeordneten Sessel und Konsolen sind weggeräumt, die PC-Stationen sicher verstaut. Die Türen für neugierige Passanten und Stammgäste geschlossen. Auch der Spieleladen Good Games ist zu. Wie lange? Das kann niemand sagen.

Grund zur Sorge besteht jedoch keiner. Im Gegenteil: Die Erupt Lounge ist zurzeit Heimat einer bunten WoW-Truppe, die sich hier häuslich eingerichtet hat. Die Gilde „Echo“ um genau zu sein, die weltweit erfolgreichste WoW-Raidinggilde. Ihre Mannschaft besteht aus WoW-Spielern aus allen europäischen Ländern. Ein Schweizer Spieler ist zwar nicht dabei, trotzdem spielt unser Land eine entscheidende Rolle im diesjährigen Race to World First.

Was ist das Race to World First?

Das inzwischen 18-jährige MMORPG World of Warcraft bietet viele Möglichkeiten tausende Stunden in der virtuellen Welt zu verbringen. Eine davon sind Raids, zu Deutsch auch Schlachtzüge. In diesen Aktivitäten versuchen sich 10 oder 25 Spieler darin, die schwersten Bosse des Spiels zu bodigen. Raids gibt es in verschiedenen Schwierigkeiten, von Normal bis Mythic. In regelmässigen Abständen erscheinen neue Raids, mit neuen Herausforderungen.

Im Game schliessen sich Spieler zu Gilden zusammen, sozusagen übergrosse Teams. Sobald ein neuer Raid erscheint, versuchen sie diesen vor allen anderen Gilden durchzuspielen. Dabei spielen sie auf der Schwierigkeit Mythic, was zum Zeitpunkt des Erscheines besonders schwierig ist, da Mythic Raids eigentlich dafür ausgelegt sind, dass die Spieler diese mit bereits sehr starker Ausrüstung angehen. Dieses Rennen um das erste Durchspielen des neuen Raids nennt man dann das „Race to World First“. Bis dass die erste Gilde den neuen Raid durchspielt kann es Tage bis Wochen andauern. In der eSports-Welt gibt es nichts Vergleichbares. Wenn man es mit einem traditionellen Sport vergleichen möchte, wäre ein Marathon wohl am naheliegendsten.

Das Race to World First war – wie vieles im eSport – zu Beginn noch ein kleines Happening, das vor allem für die Szene selbst interessant war. Grund dafür war mitunter, dass man in den Gilden sehr verschlossen war und versuchte, keine Taktiken anderen Teams preiszugeben. In den letzten Jahren entwickelte sich aber ein grosses Event um das Race to World First, als Gilden begannen, ihren Fortschritt auf Streamingplattformen mit der Welt zu teilen. Inzwischen sind viele Sponsoren mit an Bord und weltweit versuchen sich Vereine mit immer grösseren Produktionen zu übertrumpfen. Auch viele ehemalige WoW-Spieler und solche, die eigentlich nicht viel mit World of Warcraft am Hut haben schalten ein, um das Rennen zu verfolgen.

Echo Lounge Bern

Schon im Sommer 2021 war Echo in der Erupt Lounge zu Gast, damals eher aufgrund einer Notlage. Für den damaligen Raid „Sanktum der Herrschaft“ suchte Echo nach einer Location, wo sie ihre grosse Produktion aufziehen konnten. Durch Kontakte in der Schweizer eSports-Szene kam es zum kurzfristigen Austragungsort Erupt Lounge Bern. Nach einem zwischenzeitlichen Seitensprung sind sie nun zurück in Bern. Mitgespielt haben dürfte bei der Entscheidung auch, dass Echo im Sommer 2021 in der Erupt Lounge das Race to World First gewann.

Und so sah das dann aus:

Während man sich im Sommer 2021 noch mit dem zufrieden geben musste, was auf die Schnelle machbar war, ist man dieses Mal viel organisierter in die Schweiz gereist. Die Erupt Lounge wurde komplett gebucht, Gäste der Bar und Kunden des Good Games-Laden haben keinen Zutritt, bis Echo den Raid abgeschlossen hat.

In der Lounge stehen die Gaming-Setups der Spieler, um sie herum eine grosse Konstruktion für die Live-Produktion. Hier verbringen die Spieler in den nächsten Tagen bis zu 16 Stunden pro Tag in ihren Sesseln. Dazwischen wird geschlafen, gegessen, besprochen. Der Erupt-Technikraum ist Regie und Schaltzentrale, der Gamingstation-Raum ist momentan eine Casterecke.

Wie lange die Erupt Lounge von Echo übernommen wird, kann niemand sagen. Intern rechnet man mit 10-12 Tagen, möglich ist aber auch, dass sie bereits nach einer Woche wieder weg sind. Oder noch länger hier. Das will aber niemand der Anwesenden, denn Weihnachten steht ja auch schon vor der Tür.

Millionen Zuschauer, rund um die Uhr

Die ganze Gaming-Action wird natürlich auch online übertragen, was auf grosses Interesse stossen wird. Bei vergangenen Race to World First-Events schauten jeweils Millionen Zuschauer in die verschiedenen Streams rein. Von Vorteil ist natürlich, dass es sich hier um weltweites Event handelt: Gilden von allen Kontinenten versuchen sich an der Challenge.

Um gegen dieses grosse Feld an Konkurrenten ankommen zu können, braucht es eine saubere Taktik. An dieser ist Echo momentan dran. Als europäische Gilde können sie bei den Amerikanern ein wenig spicken. Diese starten bereits am Dienstagabend, während es für Echo erst am Mittwochmorgen so richtig losgeht, um 5 Uhr früh.

Die Produktion sorgt dafür, dass alles sauber ins Internet kommt.

Trotzdem beginnt die Produktion in der Erupt Lounge ebenfalls am Dienstagabend. Denn man will den Zuschauern rund um die Uhr Action bieten können. Dafür sind nicht nur Spieler von Echo angereist, auch grosse Community-Figuren wie Preach Gaming, FatbossTV oder Rich Campbell wandeln momentan durch die Berner Gaming-Hallen. Sie werden die Programmlücken füllen und die Zuschauer auch dann unterhalten, wenn sich die Athleten gerade eine Mütze Schlaf und Ruhe von der WoW-Action gönnen.

Auf die Plätze, Fertig, Vault of Incarnates

Nun geht es also los mit dem ersten Raid der neuen WoW-Expansion Dragonflight, Vault of the Incarnates. Echo stehen in den Startlöchern, die amerikanischen Gilden legen bald los. Wie lange die Spieler in der Schweiz gastieren werden, kann noch niemand voraussagen.

Bei der Erupt Lounge hofft man aber auf ein Ende des Rennens vor Weihnachten, dann könne man noch eine kleine Afterparty schmeissen, bevor sich die Echo-Spieler wieder in ihre Heimatländer irgendwo in Europa zurückziehen. Bis sie dann hoffentlich zum nächsten Raid wieder zurück in die Schweiz kommen.

Verfolgen könnt ihr das Race to World First von Echo auf Twitch.

Nathan Leuenberger

Projektleiter & Redaktionsleiter

Schon mit dem ersten Gameboy, den er von seinem Vater "auslieh", begann Nathans Faszination für die Welt der Polygone, Bits und Pixel. Noch heute sind Games seine grösste Leidenschaft und haben mit der Entwicklung im Bereich eSports eine völlig neue Bedeutung bekommen.

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